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Krypto-Experte Markus Abbassi zum Krisenjahr 2022: «Man darf nicht vergessen: Wir befinden uns noch immer in einer frühen Innovationsphase»

5 Dec
 
2022
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2022 war ein turbulentes Jahr für Decentralized und Centralized Finance: Was lernen wir daraus? Und wie wird es weitergehen? Markus Abbassi, Head Digital Assets bei der Kaleido Privatbank AG, war unser Gast im letzten Livestream des Jahres 2022.

Lässt das Interesse und Vertrauen in die Kryptowährungen nach? «Nein», sagt Markus Abbassi im Gespräch mit Kuble-Partner Christian Aichhorn. «Jene Kundinnen und Kunden, die schon länger dabei sind, bleiben ruhig und investieren weiterhin. Es ist allerdings schwieriger geworden, neue Kunden von digitalen Assets zu überzeugen.»

Die Finanzbranche hat ein turbulentes Jahr hinter sich: Es gab Konkurse, Krisen und Millionenverluste. Centralized Finance (CeFi) wie auch Decentralized Finance (DeFi) waren dabei gleichermassen betroffen. Doch was sind überhaupt die Unterschiede zwischen diesen beiden Begriffen?

Die Blockchain funktioniert einwandfrei

Die entscheidende Frage, erklärt Abbassi, sei: «Wem vertraue ich die Führung meiner Finanzen an? Wenn ich zu einer Bank gehe, dann vertraue ich ihr, dass sie das Accountant richtig macht. Wenn ich also 100 Franken bei der Bank deponiere, vertraue ich darauf, dass ich mindestens 100 Franken plus Zinsen zurück erhalte.» Das sei die zentralisierte Finanzindustrie. «Bei DeFi hingegen vertraue ich nicht einer zentralen Gegenpartei, sondern der Blockchain.» Das sei der denn auch der USP von DeFi: «Ich muss nicht mehr über eine Bank gehen, ich kann das alles selber machen.»

Der Domino-Effekt habe dieses Jahr mit dem Untergang von Terra Luna begonnen, sagt Abbassi. «Das war ein Stablecoin, der auf einem mathematischen Algorithmus aufgebaut war. Es ist wohlgemerkt das einzige rein dezentrale Projekt, das dieses Jahr durchgefallen ist. Trotzdem hatte es eine Kettenreaktion zur Folge.» Es werde jedoch weiterhin passieren, dass gewisse, vor allem kleinere Anbieter, ausscheiden würden: «Wir befinden uns noch immer in einer frühen Innovationsphase. Risiken werden von vielen nicht richtig oder ungenügend gemanagt.»

Interessant sei jedoch, dass die Technologie stets einwandfrei funktioniert habe: «Die Blockchain lief problemlos, wie ein Schweizer Uhrwerk. Jene Missgeschicke, die passiert sind, waren die Folge von falscher Führung oder fehlendem Know-how.» Besonders hervorzuheben sei, dass der Umbau von Ethereum von Proof of Work auf Proof of Stake reibungslos verlaufen sei: «Das war so, als ob man bei einem Flugzeug während eines Fluges die Turbine auswechselt.»

Braucht es irgendwann keine Banken mehr?

«Ja, ich bin ein grosser Verfechter von DeFi», gibt Abbassi unumwunden zu. «Das Modell bietet unglaublich viele neue, innovative Produkte und Möglichkeiten. Aber Banken werden deswegen nicht überflüssig.» Es gebe viele Stimmen, die sagen, der Bitcoin sei tot: «Was wir aber sehen, jeden Tag im Austausch mit unseren Kundinnen und Kunden, zeigt das Gegenteil: Immer mehr Menschen interessieren sich dafür.»

Das Gespräch in voller Länge schauen:

Trotzdem streitet Abbassi nicht ab, dass die Branche dieses Jahr einen Vertrauensverlust erlitten habe. Sind Kryptos wie pubertierende Teenager, die sich masslos überschätzen? Was braucht es, damit die Branche erwachsen wird? «Vor vier Jahren war es noch ein Kind», sagt Abbassi, «jetzt sind wir in einer Phase in Richtung erwachsen werden.» Etablierte Unternehmen und Institutionen, die sich nun einklinken, würden dafür sorgen, dass der Teenager gezähmt werde mit gesetzlichen Vorgaben und Regulierungen.

Hierbei habe die Schweiz bisher einen guten Weg gefunden, so Abbassi: «Das Land hat eine technologie-neutrale Sichtweise. Das ist gut. Im Gegensatz zu Deutschland ist es in der Schweiz beispielsweise möglich, Aktien zu tokenisieren.» Die EU verfolge in der Regulierung der Krypto-Industrie leider einen anderen Ansatz: «Neuen Wein in alte Schläuche zu pressen, ist nicht hilfreich.»

«Ich bin zuversichtlich»

Und was passiert nun? Erholt sich der Krypto-Markt von diesem Krisenjahr oder geht der Domino-Effekt weiter? «Die Frage ist, worin sich dieser Domino-Effekt zeigt«, sagt Abbassi. «Ist es der Bitcoin-Preis, der weiter sinkt? Oder ist es die Tatsache, dass weitere Gesellschaften pleitegehen?» Bei Letzterem werde die Kettenreaktion wohl weitergehen.

«Was aber die Kurse betrifft, so denke ich, dass es nicht mehr weit nach unten gehen wird. Aufgrund des relativ illiquiden Marktes kann es gut sein, dass die Preise volatil bleiben. Aber weil die Blockchain sehr innovativ ist und sich weiterentwickelt, dürften wir den grössten Ausreisser nach unten hinter uns haben. Ich bin zuversichtlich.»

Zur Person: Markus Abbassi ist ein Unternehmer mit Fokus auf digitale Assets und Innovation. Nach der Mitgründung von Alethena baute er bei Sygnum, der weltweit ersten Digital Asset Bank, den Geschäftsbereich Tokenization auf. Seit Februar 2022 baut er bei der Kaleido Privatbank als Head Digital Asset das Thema Digital Assets auf.

Hinweis: Dieser Artikel sowie der Live Talk stellen keine finanzielle Beratung dar. Falls Sie in Kryptowährungen investieren, beachten Sie die Risiken oder nehmen Sie Kontakt mit einem Experten oder einer Expertin auf.


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